Rechtsformen
Verein, GmbH und andere Rechtsformen. Geeignete Trägermodelle für soziokulturelle Einrichtungen
Ein Beitrag von Dr. Elke Flake
Die meisten soziokulturellen Einrichtungen in freier Trägerschaft werden in der Rechtsform des eingetragenen Vereins betrieben. Es gibt aber noch eine Vielzahl anderer Rechtsformen von der GbR, über die gGmbH bis hin zur Stiftung oder Genossenschaft, die wir in Deutschland als Rechtsträger für Kultureinrichtungen vorfinden. Spricht die hohe Zahl an Vereinen dafür, dass der Verein die beste Form ist?
Nachdenklich machte mich vor einiger Zeit ein Gespräch mit einer Gruppe junger Kreativer, die auf die Frage nach einer geeigneten Trägerform für ihre geplante Kultureinrichtung zum Vorschlag Verein sagten, das wäre für sie ein veraltetes Modell, echt „old fashioned“. Heute würde man doch andere Formen bevorzugen als in den Zeiten der achtziger Jahre. Zugegeben, die meisten Einrichtungen sind in diesen bewegten Zeiten entstanden und die Rechtsform Verein passte einfach gut zum basisdemokratischen Selbstverwaltungsmodell der damaligen Generation. Aber auch damals schon gab es kritische Stimmen zum Verein wie „typisch deutsche Vereinsmeierei“ bis hin zur „Gartenzwergkultur“. Letztendlich gab es aber gute Gründe, diese Form zu wählen und die gibt es auch heute noch.
Dieser Artikel will aber keine ideologische Diskussion zum Thema führen, sondern die Frage geeigneter Trägerformen unter juristischen und betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten betrachten. Bewertet wird nach der Praxistauglichkeit. Um die Antwort gleich vorweg zu nehmen: Die optimale Trägerform gibt es nicht. Je nach Art und Größe der Institutionen schlägt aber das Pendel mehr in die eine oder die andere Richtung aus. Dazu ist eine Abwägung des Einzelfalls nötig.
Schauen wir uns einmal die typische Entwicklung eines Zentrums an und betrachten die dahinter liegende Rechtsform. Betrachten wir das fiktive SozioK-Haus irgendwo in einer deutschen Stadt, das sich von einer kleinen Initiative zu einem großen Zentrum entwickelte.
Vom ideellen Verein zum Betrieb
Unser Beispiel SozioK-Haus wächst schnell. Die wirtschaftlichen Tätigkeiten mit Veranstaltungen, Kursen, Vermietung und Bewirtung nehmen zu. Es wird viel Geld bewegt. Es werden Mitarbeiter*innen eingestellt. Mehr und mehr wird das Haus zu einem Dienstleistungsbetrieb, der auch als solcher geführt werden muss. Jetzt stellt sich die Schwachstelle des Vereins heraus. Schnelle Entscheidungen sind in der Form der Selbstverwaltung für einen Betrieb kaum möglich. Die Mitgliederversammlung kann jederzeit „querschießen“. Der Verein wird Arbeitgeber für Mitarbeiter*innen und hat Arbeitgeberfunktion. Es braucht zumindest für die betriebliche Sphäre eine Leitung. Diese Funktion hat der ehrenamtliche Vorstand, der aber in der Regel nicht fach- und wirtschaftskompetent ist. Christian Koch und Thomas von Holt beschreiben dieses Dilemma sehr schön anhand eines Sanduhrmodells (Christian Koch, Thomas Holt: Verein oder GmbH https://www.vereinsrecht.de/verein-oder-gmbh.html, erstmals veröffentlicht 2002.)
Danach unterteilt sich bei einem Dienstleistungsbetrieb der Verein in eine verbandliche Sphäre mit der verbandlichen, ideellen Organisation des Vereins und die Betriebssphäre mit den betrieblichen Erfordernissen. Der neuralgische Punkt ist der ehrenamtliche Vorstand, der sowohl geschäftsführend für den Betrieb tätig ist und als Vorstand für den Verband fungiert. Sofern die verbandliche Sphäre groß und aktiv ist, führt das regelmäßig zu Konflikten mit den ideellen Zielen und vielen Mitgliedern. Zusammen mit der Aufgabe, einen Betrieb zu leiten, ist der Vorstand schnell überfordert.
Eine naheliegende Lösung, um Arbeiten zu verteilen, ist die Einstellung einer hauptamtlichen Geschäftsführung. Deren Aufgabe ist es, den Betrieb zu führen, weniger die verbandliche Sphäre. In unserem Fall wird Elfriede M. als Geschäftsführerin eingestellt, ist dann aber kein Vorstandsmitglied mehr. Das Problem ist aber: Der Vorstand ist nach wie vor verantwortlich geschäftsführend tätig, auch wenn der Alltag auf die Geschäftsleitung übertragen wurde. Das Vereinsrecht lässt sich da nicht ändern. Der Vorstand haftet bei grober Fahrlässigkeit. Der ganze Verein haftet bei wirtschaftlichen Risiken im wirtschaftlichen Bereich. Da der Vorstand sich zu Recht überfordert fühlt, kommt es zu Konflikten und Problemen ehrenamtliche Vorstandsmitglieder zu finden.
Lösungsmöglichkeiten
Für dieses Problem gibt es vier Lösungsmöglichkeiten
- Kleiner Verein mit Freundeskreis für die ideellen Bereiche
- Verein mit hauptamtlichem Vorstand, ganz oder in Teilen
- Umwandlung in neue Rechtsform
- Ausgliederung einzelner Bereiche in neue Rechtsform
Fazit
Neben den hier vorgestellten Modellen gibt es noch eine große Vielfalt von Mischformen, auch in der tatsächlichen Praxis. Die optimale Trägerstruktur für alle Einrichtungen gibt es nicht. Sie muss für jede Einrichtung in einer gründlichen Analyse spezifisch erarbeitet werden. Das kann bei bestehenden Einrichtungen z. B. in einem Changeprozess erfolgen.
