Kleines Grundwissen zur Kommune

Das Uelzener Rathaus | © HUE

Der Text behandelt in aller Kürze das benötigte Grundwissen über den Aufbau der Kommune. Er erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Wer mehr wissen will, findet im Netz eine Reihe guter Artikel unter den Stichworten „kommunale Selbstverwaltung“ oder „Gemeindeordnung“. Hilfreich sind auch die Web-Seiten der Zentralen für politische Bildung, der großen Bildungsträger und der einzelnen Parteistiftungen, die in der Regel gut ausgearbeitetes fundiertes Material anbieten.

Die Kommune

Die Kommune, d. h. Stadt, Gemeinde oder auch die Gemeindeverbände wie die Landkreise sind keine direkten staatlichen Organe. Sie sind Gebietskörperschaften, Körperschaften des öffentlichen Rechts, auf die aber viele staatliche Aufgaben des Bundes und der Länder übertragen wurden. Die Kommunen stehen unter der Aufsicht ihres jeweiligen Landes. Die konkrete Ausgestaltung ist in den entsprechenden Gemeindeordnungen der Länder beziehungsweise den Kommunalverfassungsgesetzen festgelegt. Sie sind von Bundesland zu Bundesland etwas unterschiedlich, aber grundsätzlich ähnlich aufgebaut. Die Ausführungen in diesem Abschnitt beziehen sich auf das niedersächsische Kommunalverfassungsgesetz.

 

Aufgaben der Kommune

Gemeindegebiet zuständig, es sei denn, durch Gesetze wird eine andere Zuständigkeit geregelt. die Das sind beispielsweise die Justiz, die Polizei und der Unterricht an den Schulen. Diese fallen in die Hoheit der Länder. Bei den Aufgaben der Kommune unterscheidet man zwischen 3 Bereichen.

Da ist zum einen der übertragene Wirkungskreis. Das sind Aufgaben aufgrund gesetzlicher Vorgaben, die bundesweit einheitlich ausgeführt werden müssen. Beispiele sind: das Meldewesen, die KFZ Zulassung, aber auch die Ausländerbehörde. Dieser Bereich fällt nicht in die Kompetenz des Rates, sondern ist dem/der jeweiligen Verwaltungschef*in unterstellt. Der zweite Bereich umfasst die sogenannten Pflichtaufgaben. Diesen Aufgaben liegen Gesetze zugrunde, über deren Ausgestaltung es im Rahmen des gesetzlichen Rahmens einen gewissen Spielraum gibt. Beispiele hierfür sind die Kindergärten, die Aufgaben der Gemeinde als Schulträger für Gebäude und Schulform, die Hilfen zur Erziehung oder die Unterhaltung der Gemeindestraßen. Dann gibt es noch die sogenannten freiwilligen Aufgaben, die missverständlich oft als tatsächlich freiwillig, also eigentlich überflüssig angesehen werden. Dazu gehören der gesamte Kulturbereich, die Schwimmbäder oder der Sport. Freiwillig bedeutet hier aber nur, dass es keine gesetzlichen Vorgaben über Umfang und konkrete Ausgestaltung gibt. So heißt es im niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetz: „Sie (die Gemeinde) stellt in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit die für ihre Einwohner und Einwohnerinnen erforderlichen sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen öffentlichen Einrichtungen bereit.“ In der Einschränkung „im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit“ liegt das Problem für den Kulturbereich. Fehlt das Geld, dann fehlt es als Erstes für die freiwilligen Aufgaben. Die Pflichtaufgaben müssen ja irgendwie erledigt werden, sie sind gesetzlich vorgeschrieben.

Finanzierung

Die Kommune muss alles aus ihren Einnahmen finanzieren. Ein großer Teil erfolgt aus Zuweisungen von Bund und Land für die Erstattungen der Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises und eines Teils der Pflichtausgaben. Der Rest muss über eigene Einnahmen der Gemeinde finanziert werden, über Anteile an den Steuereinnahmen und eigene nur den Kommunen zustehende kommunale Steuern. Bei den Steuern sind der kommunale Anteil an der Einkommenssteuer und die Gewerbesteuer als die wichtigsten zu nennen. Diese sind aber sehr schwankend und konjunkturabhängig. Arme Gemeinden in strukturschwachen Gebieten mit niedriger Wirtschaftskraft haben deutlich geringere Einnahmen pro Einwohner als eine vergleichbare Gemeinde in einer prosperierenden Region. Jede Kommune verabschiedet (meistens jährlich) einen Haushaltsplan, in dem alle Einnahmen und Ausgaben festgelegt sind. Haushaltsdebatten sind oft die wichtigsten Ratsdebatten im Jahr. Der Haushalt muss in den Einnahmen und Ausgaben ausgeglichen sein. Etwaige durch Kredite finanzierte Defizite müssen in den Folgejahren refinanziert werden. Ist das nicht möglich, müssen Konsolidierungsprogramme erarbeitet werden. Dass dann primär an den sogenannten freiwilligen Ausgaben gespart wird, versteht sich von selbst.

Mit Ausnahme weniger kreisfreier Städte gehören die Kommunen einem Gemeindeverbund, dem Landkreis an. Auf den Landkreis sind bestimmte kommunale Aufgaben übertragen, die nicht auf dem Gemeindegebiet einzeln erledigt werden. Die Kultur gehört nicht unbedingt überall auch zu den Landkreisaufgaben. Die Gemeinden finanzieren den Haushalt des Landkreises über eine Umlage aus ihrem Gemeindehaushalt.

Der/die (Ober)Bürgermeister*in

An der Spitze der Gemeinde steht ein*e meistens direkt gewählte Bürgermeister*in oder Oberbürgermeister*in. Bis auf sehr kleine Kommunen ist er/sie hauptamtlich tätig. Er/sie ist die mächtigste Person in der kommunalen Selbstverwaltung, weil er/sie einerseits die Gemeinde nach außen vertritt und andererseits Chef*in der Verwaltung ist. Alle Mitarbeiter*innen der Verwaltung sind ihm/ihr direkt unterstellt und handeln in Vertretung beziehungsweise im Auftrag der Bürgermeister*in. In der Regel sind die Verwaltungen sehr hierarchisch organisiert. „Die Verwaltung spricht mit einer Stimme“, alle Mitarbeiter*innen haben nach außen eine einheitliche abgestimmte Verwaltungsmeinung zu vertreten. Diese kann von dem/der Bürgermeister*in vorgegeben werden. Meistens wird sie in einem vorher erfolgten Diskussionsprozess innerhalb der Verwaltung erarbeitet, gilt aber dann. Man muss sich also nicht wundern, wenn ein Mitglied der Verwaltung plötzlich eine andere Position vertritt als die von ihr aufgrund ihrer Persönlichkeit erwartetete. In den Landkreisen heißt der/die Verwaltungschef*in Landrat oder Landrätin. Sinngemäß gilt hier aber das gleiche.

Die Verwaltung

In größeren Kommunen, die manchmal mehrere tausend Mitarbeiter*innen umfassen, ist die Verwaltung noch einmal untergliedert. In Niedersachsen unterteilt sie sich in die Dezernate mit einem/r Dezernent*in an der Spitze. Jedem Dezernat sind Fachbereiche zugeordnet mit einer Fachbereichsleitung und diese können sich wieder in Abteilungen untergliedern. Auch hier gilt das hierarchische System. Jede Kommune ist dabei anders aufgeteilt. So kann es für den Kulturbereich ein extra Kulturdezernat geben. Er kann aber auch einem Dezernat für Jugend, Sport und Bildung zugeordnet sein oder einem Dezernat mit ganz anderem Zuschnitt. Dezernent*innen und die Fachbereichsleitungen sind wichtige Ansprechpartner*innen, wenn es um Anliegen im Kulturbereich geht. Es ist empfehlenswert, sich einen Verwaltungsgliederungsplan der jeweiligen Kommune zu besorgen, um den Aufbau und die Stellung der Kontaktpartner*in in der Verwaltungshierarchie einordnen zu können.

Die Verwaltung bereitet in Form von Ratsvorlagen die Beschlüsse des Rates vor und setzt sie um. Sie setzt auch die beschlossenen Anträge des Rates um, die vom Rat auf Antrag der Fraktionen ohne ausgearbeitete Verwaltungsvorlage gestellt werden. Sie ist das handelnde Organ und fast immer auch das Mächtigste. Es braucht schon einen starken Rat, um sich gegen die Verwaltung in entscheidenden Fragen dauerhaft durchzusetzen.

Der Rat

Er wird in Niedersachsen alle fünf Jahre direkt gewählt. Die Anzahl der Ratsmitglieder richtet sich nach der Gemeindegröße. Er heißt Gemeinderat oder Stadtrat, in den Landkreisen Kreistag. Alle Ratsmitglieder und Kreistagsmitglieder sind ehrenamtlich tätig. In der Regel gliedert sich der Rat in Fraktionen je nach Partei- oder Listenzugehörigkeit. Jede Fraktion wählt sich eine Fraktionsvorsitzende oder einen Fraktionsvorsitzenden.

Der Rat beschließt über ihm explizit zugewiesene Aufgaben wie Satzungen, Verordnungen, Gebühren und natürlich den Haushalt. Ein Teil der Beschlüsse wird nicht über den Rat gefasst, sondern über den Verwaltungsausschuss, ein gesondertes Organ der Kommune. Dieser Ausschuss setzt sich aus dem/der (Ober)bürgermeister*in, stellvertretenden Bürgermeister*innen und Vertreter*innen der Fraktionen zusammen und tagt nicht öffentlich. Der Rat kann aber in allen Fragen die abschließende Beschlusskompetenz an sich ziehen.

Alle Beschlüsse, die in die Zuständigkeit des Rates fallen, müssen im Verwaltungsausschuss vorbehandelt werden. Damit ist der Verwaltungsausschuss kein Ausschuss wie jeder andere, sondern ein wesentliches Steuerungsorgan, in dem oftmals Klartext gesprochen wird. In der Regel sind die Mitglieder des Verwaltungsausschusses auch die einflussreichsten Personen in ihrer Fraktion.

Die Fraktionen haben das Recht im Rat eigene Anträge oder Anfragen einzubringen. Das meiste politische Handeln erfolgt aber über die von der Verwaltung vorbereiteten Beschlussvorlagen.

Ebenfalls zur Vorbereitung der Ratsbeschlüsse kann der Rat Fachausschüsse bilden, die aber nur für wenige Punkte abschließend beschlussfassend tätig sind. Die Fachausschüsse sollen die inhaltliche Fachdebatte führen und die Fraktionsmeinungen vorbereiten. Die meisten Punkte werden im Rat oder Verwaltungsausschuss endgültig beschlossen. Es ist nicht unüblich, dass der Rat sich anders entscheidet als das Votum der Fachausschüsse vorgibt. Gerade in Haushaltsberatungen kann man als Kulturträger unliebsame Überraschungen erleben, wenn der Kulturausschuss zwar positiv über einen Zuschuss abgestimmt hat, Verwaltungsausschuss und Rat ihn aber ablehnen. Wieviele und welche Ausschüsse gebildet werden, entscheidet der Rat in seiner ersten Sitzung nach der Wahl. Lediglich für die Aufgaben des Jugendhilfeträgers und des Schulträgers muss gesetzlich vorgeschrieben ein Jugendhilfeausschuss und ein Schulausschuss gebildet werden. Das kann die Gemeinde selbst oder der jeweilige Landkreis sein.

Gelebte Politikkultur

Die gesetzlichen Vorgaben über die Gemeindeordnungen sind in allen Kommunen gleich, die gelebte Praxis kann aber höchst unterschiedlich sein. Das hängt sehr von den handelnden Personen und der gelebten politischen Kultur ab. So kann ein/e sehr autoritäre/r Bürgermeister*in das Heft des Handelns in der einen Kommune in der Hand halten. Dann gibt es im Rat so gut wie keine kontroversen Diskussionen. In einer anderen Kommune herrscht aber vielleicht eine lebhafte Debattenkultur und ein eher Konsens orientierter Politikstil. In einer anderen gibt es laufend Kampfabstimmungen. Wir finden alle möglichen Formen der gelebten Praxis in den Kommunen. Das ist auch gut so. Denn Demokratie ist vielfältig und lebendig.

Ein Beitrag von
Dr. Elke Flake
freischaffende Beraterin

Kurzbiografie

Elke Flake baute Anfang der achtziger Jahren das soziokulturelle Zentrum Brunsviga in Braunschweig mit auf und kam so in den ersten Kontakt mit der Kommune. Vier Jahre wurde das Zentrum rein ehrenamtlich betrieben. Ab 1985 bis 2019 war sie hauptamtlich geschäftsführend in der Brunsviga als Verwaltungs- und Finanzchefin tätig. Von 1991 bis 2019 war sie in Teilzeit Regionalberaterin der Landesarbeitsgemeinschaft Soziokultur Niedersachen und hat Kulturschaffende in allen Fragen der Kulturarbeit beraten und begleitet, unter anderem auch in der Konzepterstellung, der Organisationsentwicklung und Changeprozessen. Heute ist sie als freie Kulturberaterin aktiv. Aus ihrer Arbeit und den Kontakten zur Kommune erwuchs eine Leidenschaft für Kommunalpolitik. Sie ist seit 1986 mit Unterbrechungen kommunalpolitisch tätig und seit 2006 Mitglied des Stadtrates in Braunschweig.